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Das erwachte Bewusstsein (3/4)

Das erwachte Bewusstsein (3/4)

Um ein optimales Verständnis zu erreichen, lesen Sie bitte zuerst den Artikel: "Das Bewusstsein" und "das Erwachen".

Ein erwachtes Bewusstsein hat die folgenden fünf Eigenschaften:

  1. Dekonditionierter Verstand
  2. Kein Widerstand
  3. Keine Identifikation (auch keine Identifikation mit der Seele)
  4. Kein Drama und keine Geschichte mehr, kein innerer Dialog mehr
  5. Akzeptanz der brutalen Wahrheit des JETZT


1. Dekonditionierter Verstand
Sobald die Meditationspraxis im Alltag etabliert ist, kann der Verstand nach und nach dekonditioniert werden. Unser Verstand ist ein hoch effizientes System. Das Gehirn, der Sitz des Verstandes, verbraucht rund ein Fünftel der gesamten Energie in unserem Körper. Um diesen enormen Energieverbrauch einzudämmen, verarbeitet das Gehirn die eingehenden Daten sehr energieeffizient. Anstatt die Daten jedes Mal neu zu bewerten und zu berechnen, greift das Gehirn auf frühere Erfahrungen zurück.

Das Gehirn zeigt uns in der Regel nicht die Realität, wie sie ist, sondern wie es gelernt hat, die Welt durch frühere Erfahrungen wahrzunehmen. Viele Ängste funktionieren nach diesem Prinzip.

Ein Beispiel: Wenn jemand einmal in einem Aufzug stecken geblieben ist und dabei große Angst empfunden hat, nimmt er jetzt, wenn immer möglich, die Treppe und meidet Aufzüge. Das Gehirn hat gelernt, die intensive Angst in einem geschlossenen Raum zu empfinden und wendet diese Reaktion nun jedes Mal an, wenn es auf einen Aufzug trifft. Es hat eine Konditionierung stattgefunden. Das bedeutet, dass das Gehirn einfach auf die gespeicherte Konditionierung zurückgreift: Aufzug = Gefahr. Der Energieverbrauch für das Gehirn ist minimal.

Es wäre jedoch logisch, die Situation neu zu bewerten und zu berechnen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, im Aufzug stecken zu bleiben? Wann wurde der Aufzug zuletzt gewartet? Was würde passieren, wenn der Aufzug stecken bleibt? Das Gehirn müsste diese Informationen zuerst sammeln und die Situation neu bewerten. Der Energieaufwand dafür ist jedoch extrem hoch.

Das Gehirn verwendet also gerne Konditionierungen, um Energie zu sparen. Es werden viele Konditionierungen in unserem Bewusstsein gespeichert. Dies beginnt mit sozialen Konditionierungen und Verhaltensregeln, geht über persönliche Erfahrungen, die zu Konditionierungen werden, und endet bei übernommenen Normen und Werten einer Familie, eines Volkes, einer Gesellschaft oder einer Gruppe, Partei, Religion usw.

Im Alltag sind uns 99% dieser Konditionierungen nicht bewusst. Diese Konditionierungen bestimmen zu einem großen Teil unser Handeln und beeinflussen unser Denken und Fühlen. Ein großer Teil unserer Handlungen und Entscheidungen erfolgt automatisch und unbewusst. Dies wurde auch von der neueren Neuro- und Bewusstseinsforschung bestätigt.

Deshalb bedeutet Erwachen nichts anderes, als sich dieser Konditionierungen und Inhalte des Bewusstseins bewusst zu werden und den Automatismus zu verringern. Dafür sind Meditation und Achtsamkeit im Alltag wirksame Mittel. Auch das direkte Üben der Wahrnehmung (mehr dazu in einem späteren Blog) kann dabei hilfreich sein.

Persönlichkeitstraining, Coaching, Selbstreflexion und andere Methoden sind kraftvolle Werkzeuge, um immer mehr dieser Konditionierungen ins Bewusstsein zu bringen.

2. Kein Widerstand
Der nächste Schritt ist das Aufgeben des Widerstandes. Im Buddhismus wird dies auch als die vierte und fünfte Fessel bezeichnet. Die vierte und fünfte Fessel werden auch Begierde und Abneigung genannt. Dies bedeutet, dass unser System danach strebt, positive Erfahrungen und Gefühle zu wiederholen und zu verstärken (Begierde) und negative Erfahrungen und Gefühle zu vermeiden (Abneigung).

Diese beiden Pole erzeugen ein Spannungsfeld, das mit dem Begriff Widerstand beschrieben werden kann. Es handelt sich dabei natürlich nicht um den Widerstand gegen positive Erfahrungen. Es ist der direkte Widerstand gegen die negativ bewerteten Erfahrungen.


Es ist aber vor allem Widerstand gegen das was jetzt gerade ist. Widerstand gegen die unmittelbar erlebte Gegenwart und Realität. Denn meistens sind wir in einem der beiden Pole. Entweder sind wir gerade damit beschäftig positiv bewertete Erfahrungen zu mehren, oder damit beschäftigt negativ bewertete Erfahrungen zu vermeiden. Sehr, sehr selten sind wir aber einfach gerade bei der Erfahrung, die wir gerade machen.

Wie gesagt, das Gehirn ist effizient und berechnet (anderes Wort für beurteilt und bewertet) die aktuelle Erfahrung gerade auf die Wahrscheinlichkeit einer positiven oder negativen Erfahrung. Hierbei werden die aktuell einkommenden Daten wie im Blog "das Bewusstsein" erklärt, mit vergangenen Erfahrungen abgeglichen, beurteilt und in die eine oder andere Kategorie eingeteilt, was sofort unsere Handlungen, unser Denken und Fühlen beeinflusst. Wird die aktuelle Erfahrung dem Pol «positiv» zugeordnet, veranlasst unsere Konditionierung uns dazu, die aktuelle Situation möglichst abzusichern, zu verlängern, mehr positive Feedbacks zu generieren. Wird die aktuelle Erfahrung dem Pol «negativ» zugeordnet, springen sofort die konditionierten Programme an, um die Situation so schnell wie möglich beenden zu können und negative Feedbacksignale zu vermeiden.

Freier Wille ist hier absolut fehl am Platz. Das läuft alles unbewusst ab, das merkst du nicht einmal.


Deshalb ist es wichtig seine Bewusstseinsinhalte, seine Konditionierungen zu kennen. Denn wenn ich sehe, was meine Begierden (die positiv bewerteten Erfahrungen) sind, und was mein Übelwollen (die negativ bewerteten Erfahrungen) sind, kann ich bewusst beginnen diese Muster zu durchbrechen, indem ich den Widerstand restlos aufgebe. Die Konditionierung von Begierde und Übelwollen beraubt mich nämlich der Erfahrung wie sie jetzt ist, weil mir die Konditionierung eigentlich nur zeigt, wie die Erfahrung in der Vergangenheit war. Ich erlebe also nicht die jetzige Erfahrung neu, sondern ich erlebe die jetzige Erfahrung als schaler Abklatsch und Neuauflage einer alten Erfahrung.


Wenn ich mir radikal die Erlaubnis erteile die aktuelle Erfahrung zu machen, ohne Widerstand gegen die im noch konditionierten Verstand abgespeicherte Einteilung in positive und negative Erfahrungen und Gefühle, dann kann ich wieder Erfahrungen wie zum ersten Mal machen und neu erleben. Dies geht so weit, dass Angst als ein positives Gefühl erfahren werden kann. Genauso wie Wut, Trauer, Lampenfieber.

Entscheidungsschwierigkeiten lösen sich vollständig auf, da es eine neue Erfahrung ist und das Gehirn nicht mehr mit früheren Erfahrungen abgleicht.

Risiko? Risiko verschwindet, weil es dazu keine Erfahrung mehr ab zu rufen gibt. Kleine Korrektur: Angst wird nicht wirklich als positives Gefühl erfahren. Angst wird einfach noch erfahren. Die komplette Einteilung in einen der beiden Pole hört hier auf, wenn der Widerstand bricht und die radikale Erlaubnis stattfindet.


3. Keine Identifikation

Langsam nach der Dekonditionierung des Verstandes und dem Verschwinden des Widerstandes entsteht da ein neues Bewusstsein, eine neue Wahrnehmungsqualität. Endlich kehrt eine gewisse Ruhe im Geist ein. Jetzt kann man sich neuen Fragen zu wenden.


Wer bin ich eigentlich?


Bis hierhin war ich vor allem all diese Konditionierungen, all diese Muster. Wenn die aber mehr und mehr verschwinden, sich auflösen, ersetzt werden, oder einfach an Bedeutung verlieren, was bleibt dann noch übrig?

Plötzlich bin ich ja nicht mehr jene Charaktereigenschaft, denn das war ja nur eine Konditionierung.

Plötzlich bin ich nicht mehr das, was die Leute über mich sagen, denn es stimmt ja nicht mehr, mein Verhalten hat sich geändert, da es nicht mehr den konditionierten Verhaltensmustern folgt.


Langsam beginnt man hier zu durchschauen, dass all diese Charaktereigenschaften, Verhaltensweisen gar nichts mit dir selber zu tun haben. Nichts, das bist nicht du und warst nicht du. Es war bloss eine Erscheinung. Es war bloss so, wie du in der Welt erschienen bist und wie du wahrgenommen wurdest.

Aber hier realisierst du, dass es keine Substanz, keine Beständigkeit hat. Es sind alles bloss Gedanken.

Das Ich, das Individuum, deine Persönlichkeit, es sind bloss Gedanken.

Gedanken die sich ein Leben lang gebildet haben, sich verbunden haben zu einem inneren Bild von dir.

Aber genau das ist es, ein inneres Bild. Etwas das du gemacht hast.

Etwas das in deiner Vorstellung existiert, und daher ist es dir Vor – Gestellt. Es verdeckt dich, es verdeckt, das was du wirklich bist.


Ok; alles klar ich bin Seele und die vorgestellte Persönlichkeit verdeckt meine Seele. Also jetzt suche ich einmal meine Seele. Viel Glück, du wirst sie niemals finden. Es ist unmöglich die Seele, Atman zu finden und zu sehen. Um eine Wahrnehmung zu erzeugen braucht es zwei Dinge nämlich; der Wahrnehmende und das Wahrgenommene.

Schau her: Wenn du es schaffst deine Seele wahr zu nehmen, ist die Seele das Wahrgenommene. Wer ist dann der Wahrnehmende? Dann müsste es ja wieder etwas geben, dass der Seele übergeordneter Teil ist, das du bist. Die Seele kann nicht wahrgenommen werden, weil DU die Seele bist.


Wenn du an diesem Punkt angelangt bist, dann herzliche Gratulation, du bist schon sehr weit gekommen. Hier kann man einfach SEIN. Alle Wahrnehmung geschieht hier. Hier geschieht nur noch Wahrnehmung. Wahrnehmung der Realität, ohne Bewertung durch die konditionierten Programme des Verstandes, ohne Widerstand und mehr oder weniger davon haben zu wollen, ohne Einteilung in die beiden Pole negative Wahrnehmung oder positive Wahrnehmung. Reine, pure, ungefilterte, unveränderte Wahrnehmung dessen, was gerade vor sich geht.


4. Kein Drama mehr, der innere Dialog hört auf

Der nächste Schritt passiert dann fast wie von selbst. Vom SELBST im wahrsten Sinne des Wortes.
Der Verstand ist durch die Dekonditionierung ruhig geworden. Gefühle und Erfahrungen werden erlebt und nicht bewertet. Der Glaube an ein persönliches «Ich» kam in der reinen Wahrnehmung zum Erliegen.


Nun kann auch die Identifikation mit der eigenen Geschichte der Vergangenheit und der Gegenwart enden und zwar im Äusseren und im inneren Erleben. Die Erinnerungen an erfahrenen Schmerz, Kränkungen, Ablehnung usw. sind so stark und bilden zusammen natürlich auch mit unseren Siegen, Erfolgen, unsere persönliche Geschichte. Sie bilden unser Drama (griechisch für Schauspiel) des Lebens. Es ist jedoch nicht nur unsere Geschichte, sondern wir sind die Geschichte. Wie oft hören wir: « Was mich nicht umbringt mach mich stark», «Ich stehe heute hier, weil in meinem Leben dieses und jenes», «meine aktuelle Situation habe ich nur dem vergangenen Umstand xy zuschulden» usw. Dies trifft auch soweit zu, als das unsere Geschichte, unser Drama eben all unsere Konditionierungen, unsere Programme formt. Es formt sowohl förderliche und unterstützende Programme und hinderliche Programme.


Hier müssen wir uns noch einmal von unserer Geschichte lösen. Wir machen einen Bewusstseinsshift von: Drama-Sein, identifiziert mit der eigenen Geschichte sein zu: Drama-Haben.

Beim Drama-Sein, in der Identifikation mit den vergangenen oder aktuellen Drama-Zuständen springen sofort wieder die alten Konditionierungen an und das Spiel beginnt von vorne. Wenn es mir hier gelingt in der Widerstandslosen Erfahrung des Drama-Habens zu bleiben, dann löst es keine alten Programme und Konditionierungen aus und ich kann neue Reaktionen testen, oder jede Reaktion gleich ganz sein lassen. Der innere Dialog von Bewerten, Beurteilen, Vergleichen, Gefahr Einschätzen hört auf, oder ihm wird keine Beachtung mehr geschenkt.


5. Ankommen in der brutalen Realität des JETZT

Wenn all dies endet, ist das Einzige was übrig bleibt der ewige Moment des JETZT. Es gibt keine Vergleiche mit der Vergangenheit mehr, noch gibt es Zukunftsberechnungen um die vormals als positiv bewerteten Erfahrungen zu mehren. Es gibt weder Bedauern dessen was war, noch ein Wünschen dessen was vielleicht sein könnte. Es gibt kein übernommenes Wertesystem irgendwelcher linker oder rechter Parteien mehr, auch kein übernommenes Bewertungssystem irgendwelcher Religionen, esoterischen Wissens, spiritueller Konzepte, New-Age Hoffnungen mehr.

Es gibt nur noch dich mit deinem wunderbar, unkonditioniert- und non-dual- funktionierendem Verstand. Im Idealfall fühlt man hier, oder man weiss einfach was richtig und falsch ist, was göttlich und was diabolisch ist. Man spürt dies in den Reden der Menschen, man spürt dies in den Schriften. Es ist ein neues intuitives, wissendes, bewusstes SEIN. Es ist, als ob man hier ein neues Instrument der Wahrnehmung erhält, dass jenseits des Verstandes funktioniert. Dieses Instrument ist passiv und nicht aktiv wie der Verstand. Man sieht und hört die Dinge, die in der Welt passieren und versteht die grösseren Zusammenhänge. Man kommt an in der brutalen Realität des JETZT, ohne rosarote Brille.
Vergleiche dazu den letzten Abschnitt "das Paradoxon der Nondualität" im Teil "Das Erwachen".


Weiter geht es mit dem vierten Teil:
Das WACH sein

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Ich danke dir von Herzen

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